veröffentlicht am 07.01.2025 12:48
Lesedauer 3 Min.
Interviews
Grundlagen, Projektplanung, Finanzierung & Vermarktung

5 Fragen zu Wasserstoff an: Sebastian Etz, R+V Versicherung

Auch Wasserstoffprojekte sind zu versichern. Herr Etz von der R+V Versicherung spricht darüber, welche Herausforderungen bei der Absicherung von Wasserstoffprojekten bestehen, wie Betreiber optimal vorgehen sollten und welche politischen Maßnahmen das Wachstum des Sektors unterstützen könnten.

1. Herr Etz: Lohnt sich das Wasserstoffgeschäft (schon)?

Für uns als Erstversicherer ist das Wasserstoffgeschäft aktuell noch ein kleiner Markt, der aber dynamisch wächst. Die Entwicklungen in diesem Bereich beobachten wir mit großem Interesse – sie beinhaltet ein erhebliches Zukunftspotenzial. Wir sind davon überzeugt, dass der Wasserstoff-Sektor in den kommenden Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen wird. Aus diesem Grund erweitern wir kontinuierlich unser Know-how, um den versicherungstechnischen Anforderungen dieses aufstrebenden Marktes gerecht zu werden. Den Fortschritt in diesem Bereich unterstützen wir mit unserem Expertenwissen, unserer Erfahrung bei der Risikominimierung und bei individuellen Versicherungslösungen.

2. Was versichert die R+V jetzt schon in der Praxis?

Derzeit stellen wir den Versicherungsschutz für diverse Wasserstoffrisiken wie beispielsweise die Produktion, den Transport sowie die Lagerung und den Verbrauch in angepassten Turbinen oder Kesseln.

3. Was empfehlen Sie Wasserstoff-Betreibern zum Thema Versicherung bei Ihren Projekten?

 Als Versicherer empfehlen wir Wasserstoff-Betreibern bei ihren Projekten folgende Schritte:

  • Frühzeitige Kontaktaufnahme: Wenden Sie sich frühzeitig an Ihren Versicherungspartner. Idealerweise beziehen Sie diesen bereits in der Planungsphase der Anlage ein.

  • Projektunterlagen zusammenstellen: Bereiten Sie aussagekräftige Projektunterlagen vor, inklusive der Angaben zu betriebenen Nebenanlagen. Diese Unterlagen sind erforderlich für eine individuelle und umfassende Risikoeinschätzung und Erstellung einer maßgeschneiderten Versicherungslösung. Die R+V Allgemeine Versicherung bietet als Orientierungshilfe das R+V-Merkblatt „Notwendige Vorabinformationen zur Bewertung von Elektrolyse-Anlagen für Wasserstoff“ an.

  • Umsetzung technischer Richtlinien: Wasserstoff-Erzeugungsanlagen sind (brandschutz-)technisch versicherbar, wenn die geltenden technischen Richtlinien eingehalten werden. Eine frühzeitige Beteiligung der Versicherungsgesellschaft ist wichtig, um gemeinsam eine optimale und wirtschaftlich sinnvolle Versicherungslösung zu gestalten.

4. Wasserstoff-Projekte haben häufig noch Modellcharakter. Wenn Projekte jetzt größer aufgezogen werden, wie bewerten Sie die Versicherungskonditionen?

Auch wir als Versicherung erleben, dass Wasserstoff-Projekte häufig noch Modell- und Versuchscharakter haben. Wenn solche Projekte größer aufgezogen werden, bewerten wir die Versicherungskonditionen individuell und risikospezifisch. Dadurch können wir den spezifischen Anforderungen und Risiken dieser innovativen Technologien gerecht werden sowie mittel- und langfristig standardisierte Versicherungslösungen entwickeln.

 Wir berücksichtigen insbesondere:

  • Risikobewertung: Eine detaillierte Risikoeinschätzung ist essenziell. Dabei analysieren wir die technischen und betrieblichen Aspekte des Projektes sowie die Einhaltung geltender Sicherheitsstandards und Richtlinien.

  • Individuelle Lösungen: Da es sich häufig um maßgeschneiderte Projekte handelt, entwickeln wir auch maßgeschneiderte Versicherungslösungen. Diese beinhalten spezielle Deckungskonzepte, die auf die jeweiligen Bedürfnisse und Risiken des Projektes beziehungsweise des Kunden abgestimmt sind.

  • Kooperation und Beratung: Eine enge Zusammenarbeit mit den Projektbetreibern von der Planungsphase an ist entscheidend. Wir bieten umfassende Beratung und stellen sicher, dass alle sicherheitstechnischen Anforderungen erfüllt sind, um das Risiko zu minimieren und optimale Versicherungskonditionen zu gewährleisten.

  • Dynamische Anpassung: Aufgrund der sich schnell entwickelnden Technologie im Bereich Wasserstoff passen wir unsere Konditionen regelmäßig an die neuesten Erkenntnisse und Marktbedingungen an, um unseren Kunden stets den besten Schutz zu bieten.

Zusammengefasst bewerten wir Versicherungskonditionen für größere Wasserstoff-Projekte durch einen individuellen, flexiblen und stark kooperativen Ansatz. So wollen wir gewährleisten, dass alle Risiken versicherbar sind und die Projekte erfolgreich umgesetzt werden können.

5. Welche politischen Weichenstellungen würden Ihnen geschäftlich helfen?

Aus Sicht der R+V Versicherung wären folgende politische Weichenstellungen für weiteres Wachstum im Wasserstoffsektor hilfreich:

  • Stabile und langfristige Förderprogramme: Verlässliche Förder- und Anreizprogramme für erneuerbare Energien, insbesondere für Wasserstoffprojekte, würden die Planungssicherheit für Investoren erhöhen und somit auch unsere Geschäftsplanung und Ausrichtung erleichtern.

  • Klarere regulatorische Rahmenbedingungen: Einheitliche und klare gesetzliche Vorgaben und Standards für die Errichtung und den Betrieb von Wasserstoffanlagen würden es uns ermöglichen, Risiken besser zu bewerten und adäquate Versicherungslösungen zu entwickeln. Auf diesem Weg sind wir bereits in Deutschland, insbesondere durch die Neuerung zur Anlageneinstufung von Elektrolyseuren durch die 4. BImSchV (Bundesratsbeschluss vom 18.10.2024), zur Förderung der Wasserstoffwirtschaft.

  • Investitionen in Infrastruktur: Der Ausbau von Infrastruktur für die Produktion, Lagerung und Verteilung von Wasserstoff ist essenziell. Politische Maßnahmen zur Unterstützung dieser Investitionen würden das Wachstum des Marktes fördern und neue Geschäftsmöglichkeiten, auch für uns als Erstversicherer, erschließen.

  • Förderung von Forschung und Entwicklung: Staatliche Unterstützung für Forschung und Entwicklung im Bereich Wasserstofftechnologie würde Innovationen vorantreiben und Risiken verringern, auch für die Versicherungswirtschaft.

  • Schaffung von öffentlichen Aufklärungskampagnen: Aufklärungskampagnen zur Förderung des Verständnisses und der Akzeptanz von Wasserstofftechnologien in der Bevölkerung würden helfen, das Marktumfeld zu stabilisieren und das Vertrauen in die Technologie zu stärken.

Wir stehen weiterhin jederzeit gern bereit, das Wachstum auch abzusichern.