LEE NRW: Biogas muss neu gedacht werden
„Biogasanlagen dürfen nicht länger von Politik, Gesellschaft und Energiewirtschaft unterschätzt werden, ohne Biogasanlagen ist die Energie- und Wärmewende nicht zu schaffen!“
So begrüßte Dr. Thomas Griese, stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) die Teilnehmer, die der Verband im Rahmen der bundesweiten „Woche der Wärme“ zur „Biogas-Tour im Kreis Soest“ eingeladen hatte. Beide Biokraftwerke in Ense und Anröchte erfüllten, so Griese, in hohem Maße die energiewirtschaftlichen Anforderungen:
„Die zwei Anlagen lassen sich so flexibel steuern, dass sie ihren Strom nur dann einspeisen, wenn wirklich eine Nachfrage besteht und sie außerdem in hohem Maße Wärme auskoppeln können.“
Dass der flexiblen Fahrweise von Biogasanlagen die Zukunft gehört, hat das Bundeswirtschaftsministerium im Sommer mit einer Ankündigung für ein neues Vergütungsmodell angekündigt: Eine Vergütung soll es künftig nur noch dann geben, wenn der Strom zu den Tages- beziehungsweise Nachtzeiten bei einer entsprechenden Nachfrage erzeugt wird.
„Mit diesen Vorschlägen hat das Bundeswirtschaftsministerium anerkannt, dass Biogasanlagen flexibel eingesetzt werden müssen. So können Biogasanlagen endlich ihre Stärken insbesondere während der Wintermonate ausspielen und eine wichtige Säule für die Kraftwerkswerksstrategie der Bundesregierung werden“,
kommentiert Griese. Die Biogasbranche wartet allerdings bis heute auf konkrete Entwürfe für das künftige Förderregime.
Stichwort Kraftwerksstrategie: Für die Zeiten der sogenannten Dunkelflaute, sprich für die wenigen Tage im Jahr, an denen Wind und Sonne zu wenig Strom erzeugen, will die Bundesregierung bislang weiterhin nur auf Gaskraftwerke setzen, die ab Mitte der 2030er Jahre möglicherweise auf grünen Wasserstoff umgerüstet werden sollen.
„Es war absolut ärgerlich, dass die Bundesregierung bei ihren bislang bekannten Plänen zur Kraftwerksstrategie den heimischen Energieträger Biogas mit keiner Silbe berücksichtigt hatte.“
Griese verwies auf Berechnungen, wonach die flexible Leistung der bestehenden Biogasanlagen bundesweit von derzeit 6.000 auf 12.000 Megawatt verdoppelt werden kann – und zwar ohne, dass ein einziger zusätzlicher Hektar Mais benötigt wird und weit vor dem Zeitpunkt, an dem die ersten der geplanten Gaskraftwerke überhaupt in Betrieb gehen sollen. Bis 2040 könnte die Leistung dieser sogenannten Flex-Kraftwerke noch einmal auf 24.000 MW verdoppelt werden.
Dass sich die Stromeinspeisung von Biogasanlagen problemlos „bedarfsgerecht“ steuern lässt, muss Andreas Düser nicht gesagt werden. Er gehört zu den insgesamt zehn Gesellschaftern der Enser Biogas GmbH, die 2007 gestartet ist. Seitdem ist die Motorenleistung von 500 Kilowatt auf heute 4,4 Megawatt schrittweise erhöht worden. Jährlich erzeugt dieses Biokraftwerk an die 20 Millionen Kilowattstunden, vor allem in den Abendstunden, mit höheren Börsenstrompreisen.
Zum Umsatz trägt auch der Verkauf von etwa 12 Millionen Kilowattstunden Wärme bei. Abnehmer sind mehrere Unternehmen in einem benachbarten Industriegebiet. Die Enser Biogas GmbH liefert nicht nur Heizenergie, sondern auch Prozesswärme beispielsweise für einen dort tätigen Galvanik-Betrieb.
Das würde alles wunderbar klappen, verweist Anlagenbetreiber Düser auf die langjährigen Lieferungen. Für ihn ist wichtig, dass die nächste Bundesregierung der Bioenergie den verdienten Stellenwert einräumt.
So sieht es auch Matthias Bürger, der zusammen mit seinen drei Brüdern eine Biogasanlage in Anröchte-Ostheide betreibt – immerhin schon seit 2004. Die mehrmals erweiterte Anlage, die heute eine elektrische Leistung von 8,7 MW hat, produziert jährlich an die 17 Mio. kWh. Außerdem kommen jedes Jahr an die fünf bis sechs Mio. kWh Wärmeenergie dazu, mit denen über ein Nahwärmenetz insgesamt 70 Haushalte in Möhnesee-Brüllingsen und Anröchte-Ostheide versorgt werden. Der Anlagenpark wird außerdem durch eine neue Biomethanaufbereitungsanlage ergänzt: Das gereinigte Biogas wird in das Gasnetz der Thyssengas GmbH eingespeist.
Auch Matthias Bürger sieht in der Flexibilisierung die Zukunft der Biogasanlagen:
„Die Verschiebung der Stromproduktion auf den gewünschten Zeitpunkt ist das A und O für einen erfolgreichen Betrieb.“
Für ihn gibt es keinen Zweifel daran, dass Biogasanlagen ein wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Wärmewende sind:
„Wo immer es geht, sollten Städte und Gemeinde bei ihrer kommunalen Wärmeplanung, die verpflichtend wird, auf Biogasanlagen zurückgreifen.“
Das stärke nicht nur die lokale und regionale Wirtschaften, sondern trage auch zur wachsenden Unabhängigkeit von Gasexporten bei. Biogas, resümierte Dr. Thomas Griese vom LEE NRW-Vorstand, biete Vorteile auf allen Erzeugungs- und Verbrauchsebenen:
„Es ist einfach unverständlich, warum die Politik das noch nicht erkannt hat.“
Quelle: Landesverband Erneuerbare Energien NRW e. V.