Felsaushub im Flussbett – So lässt sich die Stromproduktion von zwei Wasserkraftwerken am Hochrhein steigern
Die Wasserkraft des Hochrheins ist eine zentrale Energiequelle der südbadischen Region. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts hat sie die Elektrifizierung und die wirtschaftliche Entwicklung der deutsch-schweizerischen Grenzregion maßgeblich geprägt. 2010 wurde das Wasserkraftwerk Rheinfelden modernisiert und erzeugt seither viermal mehr Strom als zuvor. Doch das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft, wie Kontrollmessungen zeigen: Durch gezielte Flusseintiefungen könnten sowohl das Kraftwerk Rheinfelden als auch das Rheinkraftwerk Ryburg-Schwörstadt, erbaut 1973, ihre Produktionskapazität weiter steigern. Im Kurzinterview gibt Manuel Schöb, Projektleiter Rheinfelden 20plus, Einblicke in das Vorhaben „Rheinfelden 20plus“.
Wie sollen die Flusseintiefungen umgesetzt werden, und wie sieht der Zeitplan aus?
Manuel Schöb: Die geplanten Maßnahmen umfassen den gezielten Abbau von Felsen im Flussbett, um eine größere Fallhöhe und damit eine höhere Energieausbeute zu erzielen. Das Projekt befindet sich aktuell in der Vorprüfungsphase, in der Machbarkeit und Auswirkungen detailliert untersucht werden. Sollte das Bauprojekt genehmigt werden, können wir 2027 mit den Bauarbeiten beginnen.
Was bedeutet das in Zahlen?
Manuel Schöb: Derzeit verfügt das Wasserkraftwerk Rheinfelden über eine Leistung von 100 MW und versorgt rund 170.000 Haushalte mit Strom. Das Rheinkraftwerk Ryburg-Schwörstadt mit einer Leistung von 120 MW liefert Energie für etwa 217.000 Haushalte. Durch die geplanten Flusseintiefungen könnten beide Anlagen jährlich zusätzliche 20 GWh produzieren – genug, um etwa 6.000 weitere Haushalte mit Grünstrom zu versorgen. Daher der Name des Projekts: „Rheinfelden 20plus“.
Welchen Einfluss hat das Projekt auf Umwelt und Ökologie?
Manuel Schöb: Zwischen dem Bodensee und Basel sind bereits 13 Wasserkraftwerke in Betrieb, die das Grundpotenzial der Staustufen ausschöpfen. „Rheinfelden 20plus“ zielt darauf ab, die bestehenden Wasserkraftwerke effizienter zu nutzen, um mehr Ökostrom zu erzeugen.
Anstelle von Sprengungen sollen die Felsen gefräst werden, was Lärm und Erschütterungen reduziert. So planen wir, unterhalb der Wasseroberfläche ca. 70.000 Kubikmeter Felsen auszuheben. Zudem erfolgen die Arbeiten von schwimmenden Pontons, um das Flussufer zu schonen. In enger Zusammenarbeit mit Umweltverbänden und Behörden entwickeln wir außerdem Ausgleichsmaßnahmen, um die Eingriffe in das Ökosystem zu minimieren.
Welche Herausforderungen könnten während der Umsetzung auftreten?
Manuel Schöb: Eine der größten Herausforderungen wird die Balance zwischen Energiegewinnung und Umweltschutz sein. Es gilt, die Auswirkungen auf die Flussökologie so gering wie möglich zu halten und gleichzeitig die Bauarbeiten effizient umzusetzen. Zudem berücksichtigen wir potenzielle Eingriffe in den Schiffsverkehr und die Interessen der Anwohnenden. Eine gründliche Abstimmung mit allen Beteiligten ist daher essenziell. So haben wir Anwohnende und Interessierte beispielsweise bei unserem Bevölkerungsdialog am 28. November umfassend über den Fortschritt und die nächsten Schritte des Projekts informiert.
Warum ist das Projekt ein Vorbild für die Wasserkraft?
Manuel Schöb: „Rheinfelden 20plus“ zeigt, wie bestehende Infrastruktur durch innovative Maßnahmen optimiert werden kann. Ohne den Bau neuer Kraftwerke steigern wir die Energieeffizienz – ein Ansatz, der auch für andere Standorte von Laufwasserkraftwerken richtungsweisend sein könnte. Das Projekt kombiniert technischen Fortschritt mit Rücksicht auf die Umwelt und nachhaltige Energiegewinnung.
Mehr Informationen zum Projekt: Rheinfelden 20plus: Mehr Wasserkraftstrom aus Rheinfelden
Dieses Interview führte Tamara Übelin, Redaktion BWE-Service GmbH.