veröffentlicht am 28.11.2024 17:38
Lesedauer 5 Min.
Fachartikel
Wissenschaft & Forschung, Technologien

Recyclingverfahren für neuartige Perowskit-Photovoltaik-Module

Die nachhaltige Entsorgung und das Recycling von Photovoltaik-(PV-)Modulen ist eine Herausforderung. PV-Module sind ein zentraler Bestandteil der Bemühungen, die Energieversorgung zu dekarbonisieren und erneuerbare Energien auszubauen.
ZSW

Während die installierte PV-Leistung in den kommenden Jahren stark zunehmen wird, steht das Land auch vor einer steigenden Anzahl von Altmodulen, die das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben. Deutschland hat bereits erste Schritte unternommen, um die Rücknahme und das Recycling von PV-Modulen zu organisieren. Gleichzeitig gibt es jedoch signifikante Herausforderungen, die vor allem im Bereich der Logistik, Kapazitäten und der wirtschaftlichen Rentabilität der Recyclingprozesse bestehen. Darüber hinaus drängen mit den Perowskit-Solarzellen neue Technologien in die Entwicklung und in den Markt, die frühzeitig für eine nachhaltige Umsetzbarkeit berücksichtigt werden müssen.

Perowskit-Module können sowohl einzeln als auch im Verbund mit Silizium- oder Dünnschicht-Modulen als oberer Teil in einem Tandem-Modul verwendet werden. Durch die Verwendung im Tandem lassen sich höhere Wirkungsgrade erzielen. Auf einer 1 cm2 Silizium-Perowskit-Tandemzelle wurde bereits 34,6 Prozent Wirkungsgrad erzielt, im Modul werden Wirkungsgrade von mehr als 26 Prozent erwartet (bei puren Silizium-Modulen liegt der Rekord derzeit bei 25,1 Prozent). Laut Roadmap der PV-Industrie wird ein Marktanteil von 10 Prozent von Perowskit-haltigen Tandem-Modulen im Jahre 2034 erwartet.

Perowskitsolarzellen haben in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung in der Effizienz erlebt und sind insbesondere in Kombination mit etablierten Siliziumsolarzellen in sogenannten Tandemzellen dabei, die zukünftige Modultechnologie zu revolutionieren.

Allerdings finden die Forschung und die Entwicklung bislang meist noch auf kleiner Skala im Labor statt. Erste kommerzielle Aktivitäten sind aber in den Startlöchern und lenken daher frühzeitig den Blick auf die Notwendigkeit einer Kreislaufwirtschaft auch für diese zukünftige Technologie.

Aktueller Stand der Recyclinginfrastruktur

Deutschland nimmt eine Vorreiterrolle bei der Installation von Photovoltaikmodulen (PV) ein, und als eines der ersten Länder muss es sich deshalb auch mit den wachsenden Mengen von Altmodulen auseinandersetzen, die am Ende ihrer Lebensdauer (End-of-Life, EOL) anfallen. PV-Module erfüllen eine 20–30 Jahre Garantie auf 80–90 Prozent der Anfangsleistung, werden dann aber häufig gegen effizientere getauscht. Derzeit gibt es jedoch nur eine begrenzte Anzahl an kommerziellen Recyclinganlagen für PV-Module. Für Silizium-basierte Module gibt es seit 2023 eine neue Anlage in Münster, die für größere Mengen von PV-Abfällen ausgelegt ist.

Für Cadmiumtellurid-(CdTe-)Module gibt es in Deutschland eine Recyclinganlage in Frankfurt (Oder), die mechanische und chemische Prozesse kombiniert, um 90 Prozent des CdTe zurückzugewinnen.

Die Recyclingprozesse für Silizium-basierte Module basieren auf der Wiederverwendung von Techniken aus dem Flachglasrecycling. Diese mechanischen Prozesse sind robust und können leicht skaliert werden, um die steigenden Mengen an PV-Abfällen zu bewältigen. Allerdings gibt es Herausforderungen bei der Qualität des recycelten Glases, da es derzeit nicht die Anforderungen für hochwertiges Glas erfüllt und daher oft für minderwertige Anwendungen wie Schaumglas verwendet wird.

Herausforderungen im Recyclingprozess

Eine der größten Herausforderungen ist, dass nicht alle wertvollen Materialien mit den aktuellen Verfahren wirtschaftlich recycelt werden können. Zwar gibt es Ansätze, die auf die Rückgewinnung von wertvollen Materialien wie Silber, Aluminium und Silizium abzielen, jedoch befinden sich diese Technologien noch im Entwicklungsstadium.

Ein weiteres Problem betrifft die Logistik und Organisation der Rücknahme. Die Sammlung und Sortierung von PV-Modulen ist derzeit noch zu kompliziert, vor allem weil es unterschiedliche Vorschriften für Business- to-Business (B2B)- und Business-to-Consumer (B2C)-Module gibt. Diese Unterschiede führen zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand für die beteiligten Akteure. Zudem ist das Personal an den öffentlichen Sammelstellen oft nicht ausreichend geschult, um PV-Module korrekt zu sortieren, was zusätzliche Kosten für den Transport zu spezialisierten Anlagen verursacht.

Handlungsbedarf für zukünftige Entwicklungen

Um die steigenden Mengen an PV-Modulabfällen bewältigen zu können, ist ein dringender Ausbau der Recyclingkapazitäten notwendig. Obwohl es in den letzten Jahren viele Entwicklungsprojekte gab, haben die meisten dieser Projekte noch nicht den Sprung zur industriellen Anwendung geschafft, hauptsächlich wegen der vergleichsweise geringen Mengen an EOL-Modulen, die derzeit verarbeitet werden.

Innovative Technologien wie die Verwendung von hochenergetischen Lichtimpulsen zur Trennung von Materialverbunden werden derzeit erprobt, um den Recyclingprozess zu verbessern und den Anteil der zurückgewonnenen Materialien zu erhöhen. Diese Technologien befinden sich jedoch noch im Pilotstadium.

Eine bessere Koordination der Rücknahme sowie eine verbesserte Kommunikation der Pflichten und Verantwortlichkeiten entlang der Wertschöpfungskette sind ebenfalls erforderlich. Viele Endverbraucher wissen nicht, dass sie alte PV-Module an den öffentlichen Sammelstellen abgeben müssen, und häufig werden alte Module nicht recycelt, weil sie unsachgemäß gelagert oder einfach entsorgt werden.

Erweiterung des Recyclingprozesses auf neue Technologien der Perowskit-Solarzellen

Um die Kreislaufwirtschaft zu fördern, ist es notwendig, schon in der Entwicklungsphase eines neuen Materials dessen Recyclingfähigkeit zu erforschen. Dies gilt auch für Perowskit-basierte Photovoltaikmodule. Im Rahmen des Projekts „PeroCycle“ arbeiten das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) und die Industriepartner Solar Materials und Solaveni daran, ein industrietaugliches Recyclingverfahren für diese Dünnschichtsolarmodule zu entwickeln. Perowskit ist ein attraktives Material für die Photovoltaik, da es in Tandemmodulen den Wirkungsgrad deutlich erhöht und kostengünstig herstellbar ist.

Das Projekt soll zur Erreichung der Ausbauziele für erneuerbare Energien in Deutschland beitragen. In der Kreislaufwirtschaft spielen die Wiederverwendung und das Recycling von Rohstoffen eine zentrale Rolle. Ziel des Projekts ist es, die Wiederverwertbarkeit von Perowskit-Modulen nach Ablauf ihrer Lebensdauer zu gewährleisten. Die beteiligten Unternehmen bringen ihre jeweiligen Kompetenzen in die chemische und physikalische Verarbeitung der Materialien ein. Dabei kann das ZSW auf seine Erfahrung in der Forschung zu Dünnschichtsolarmodulen und Perowskit-Solarzellen zurückgreifen. Gefördert wird das Vorhaben durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU).

Zuerst werden die Perowskit-Module am ZSW hergestellt und verkapselt und anschließend durch den Partner Solar Materials mithilfe thermomechanischer Verfahren getrennt. Das Glas und das Perowskit-Absorbermaterial werden dabei sortenrein getrennt, um eine Wiederverwertung zu ermöglichen. Im dritten Schritt optimiert Solaveni das Recyclingverfahren, wobei umweltfreundliche und nicht-toxische Lösungsmittel verwendet werden. Das Ziel ist es, mindestens 90 Prozent des Perowskit-Materials mit hoher Reinheit zurückzugewinnen.

Im letzten Schritt werden die gewonnenen Materialien in neue Module eingebaut, wobei die Forscher mindestens 90 Prozent des Wirkungsgrads im Vergleich zu neu hergestellten Modulen anstreben.

Darüber hinaus soll das Projekt auch Recyclinglösungen für bereits weit verbreitete Photovoltaikmodule verbessern. Dafür organisiert das ZSW PV-Recycling-Workshops, bei denen sich die Akteure der gesamten Wertschöpfungskette der PV-Module treffen und austauschen können. Der nächste Workshop ist für Herbst 2025 geplant.

Dieser Beitrag erschien in BWE-BetreiberBrief 2-24