Bürgerbeteiligung – Welche Standards für alle Beteiligungsformate und Länderregelungen notwendig sind
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In der Regel geht es darum, den Interessensausgleich durch den Wertschöpfungstransfer von den Anlagen zu den Menschen vor Ort zu gewährleisten. Dafür empfiehlt es sich, auf bewährte Modelle zu setzen und einen eigenen Standard zur Bürger- und Kommunalbeteiligung zu definieren. Weil die Anforderungen von Kommune zu Kommune vielfältig sein können, wird es immer wichtiger, auf ein gutes Portfolio von eigenen und marktgängigen Lösungen für Bürgerbeteiligungsformate zu setzen.
Aktuelle und zukünftige Anforderungen
Ein Blick in die letzten 10 Jahre Bürgerbeteiligung zeigt nicht nur eine Zunahme der Beteiligungsmodelle in ihren Häufigkeiten, sondern auch, wie wichtig das Thema den Kommunen geworden ist. Es ist bereits Usus, dass die Standortgemeinden mindestens die Kommunale Beteiligung nach dem §6 EEG fordern – oft neben einem tragfähigen Konzept der Bürgerbeteiligung. Meist ist beides eine klar definierte Voraussetzung.
Auch die neu eingeführten Länderregelungen der Kommunalen und Bürgerbeteiligung im PV-Bereich (und auch bei der Windenergie) sehen dies vor. Derzeit ist für PV-Anlagenbetreiber die gesetzliche Bürgerbeteiligung für neu zu genehmigende Projekte in Niedersachsen und dem Saarland Pflicht. Mecklenburg-Vorpommern novelliert sein Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz an Windenergie auch in Richtung PV. Ebenso arbeiten weitere Bundesländer an Entwürfen zur Bürgerbeteiligung. Diese Anforderungen abzudecken, ist herausfordernd, aber lösbar.
Kommunale Beteiligung als Mindestanforderung
Unabhängig von den Länderregelungen – fast kein Weg in Richtung Genehmigung führt an der kommunalen Zuwendung über den §6 EEG vorbei. Der §6 EEG bedeutet, dass bei Freiflächenanlagen den betroffenen Gemeinden Beträge von insgesamt 0,2 Cent pro Kilowattstunde für die tatsächlich eingespeiste Strommenge angeboten werden dürfen. Geltend ist das für Gemeinden, auf deren Gemeindegebieten die Anlagen stehen. Das gilt fast für alle Anlagen > 1MW. Eine Erstattung dieser Zuwendungen kann im Rahmen der Endabrechnung vom Netzbetreiber verlangt werden.
Bei den Ländergesetzen ist der §6 EEG länderübergreifend verankert und soll auch aus Perspektive des Gesetzgebers für mehr Akzeptanz bei Projektvorhaben sorgen.
Bürgerbeteiligung regional passend gestalten
Regionale Unterschiede und Präferenzen finden sich im Gegensetz zur Kommunalen Beteiligung auf der Seite der Bürgerbeteiligungsmodelle: Traditionell sind in den Sonnenregionen viele Genossenschaften beheimatet. Windprojektier kennen dies ähnlich mit den in den Windregionen verankerten Bürgerwind-Kommanditgesellschaften. Durch ihre Bürgernähe macht es Sinn, hier mit den jeweiligen Gesellschaften ins Gespräch zu kommen. Oftmals bestehen Beteiligungsabsichten, gerade auf Seiten der Genossenschaften. Doch nicht immer kann auch eine Beteiligung an
Projekten ausgeübt werden, weil Genossenschaften i. d. R. die operative Tätigkeit erfüllen und daher in die Betreiberrolle gehen müssen.
Grundsätzlich empfiehlt sich immer ein Blick in die in der jeweiligen Region gelebten Modelle und Präferenzen unter Einbindung regionaler Akteure.
Wichtig ist daher, ein je nach Region passendes Beteiligungsmodell mitzubringen bzw. anzubieten. Von Seiten der Kommunen wird oft Wert daraufgelegt, dass viele Menschen vor Ort mitgenommen werden. Grundsätzlich sollte die Beteiligungsart daher rechtlich und steuerlich einfach für den Bürger zu handhaben sein. Für den Projektträger selbst stehen meist die Prozesskosten im Vordergrund. Wert wird gelegt auf eine überschaubare Gesellschafterstruktur mit der Flexibilität, Projekte je nach Unternehmensausrichtung auch verkäuflich zu halten.
Zentral ist die Frage, welches Beteiligungsmodell darauf basierend nicht nur zum Unternehmen, sondern gleichermaßen in die Region passt. Wie können und wollen die Menschen sich beteiligen? S
Typische Beteiligungsmodelle
Gesellschaftsrechtliche Beteiligungsarten wie Kommanditmodelle oder Genossenschaften sind bei Projektierern außerhalb der Bürgerenergie und bei Stadtwerken unüblich bis ausgeschlossen.
Der Fokus liegt bei Anlagenbetreibern auf schuldrechtlichen Beteiligungsarten, die ohne Eigentumserwerb und Mitsprache einhergehen. Typisch sind Nachrangdarlehen – als sog. Schwarmfinanzierungsvariante. Die Schwarmfinanzierung ist eine verkaufsprospektbefreite Variante des Nachrangdarlehens. Sie eignet sich für Kleinanleger und kann daher eine breite Masse vor Ort bedienen.
Voraussetzung für eine finanzielle Beteiligung über eine Investition ist aber, dass die Menschen vor Ort investieren können und dies auch wollen. Nicht immer ist diese Voraussetzung gegeben.
Als alternatives und nicht-investives Modell der Beteiligung sind Strombonusmodelleideal. Dabei handelt es sich um einen definierten jährlichen Zuschuss zur Stromrechnung. Diese Modelle sind einfacher umzusetzen als sog. Bürgerstromtarife und erfüllen denselben Zweck: Stromkosten zu reduzieren und Wertschöpfung zu den Bürgern bringen.
Idealer Standard: Nachrangdarlehen, Strombonus und §6 EEG
Länderregelungen, flexibel anpassbare Bürgerbeteiligung vor Ort und die eigene Unternehmensausrichtung unter einen Hut bringen, ist eine Herausforderung. Die Lösung liegt in einem eigenen Standard für alle Länder und Rahmenbedingungen (intern wie extern). Erfolgreiche Bürgerbeteiligung vor Ort definiert sich aus dem jeweiligen Beteiligtenkreis, der passenden Beteiligungsart auf kommunaler wie auf Bürgerseite – und der Einfachheit für alle Beteiligten. So empfiehlt es sich, in Hinblick auf die Länderregelungen und möglichen freiwilligen Beteiligungsangeboten auf folgende drei Formate zu setzen: Angebot des §6 EEG an Standortgemeinden, auf der Bürgerseite je nach örtlichen Voraussetzungen nicht-investive Beteiligung über Stromboni oder die Möglichkeit der Investition mit geringen Einstiegsbeträgen über Nachrangdarlehen.
Der Trend bei der Umsetzung von Solarparks, nicht zuletzt auch wegen der zunehmenden gesetzlichen Regelungen, geht klar in Richtung Bürgerbeteiligung. Was im Projektgeschäft mitunter komplex in der Umsetzung klingt, ist in der Praxis oft leicht umzusetzen. Schlüssel hierzu ist die hochgradige Standardisierung bei gleichzeitiger Flexibilisierung je nach Region. Somit sind Projektierer für alle Länder und Anforderungen der Regionen gerüstet.
Dieser Beitrag erschien in BWE-BetreiberBrief 2-24.