veröffentlicht am 06.02.2025 13:05
Lesedauer 4 Min.
Fachartikel
Vermarktung, Wirtschaft, Technologien

ESG-Anforderungen erfüllen: Zeitgleichheit setzt neue Maßstäbe bei Grünstrom

Die Reduktion von CO₂-Emissionen ist nicht mehr nur eine freiwillige Verpflichtung, sondern entscheidend für den langfristigen Unternehmenserfolg. Herkunftsnachweise für CO₂-neutralen Strom aus erneuerbaren Energien werden jedoch in ihrer Aussagekraft angezweifelt. Grüne Power Purchase Agreements (PPAs) und der Nachweis einer zeitgleichen Korrelation von Stromerzeugung und Verbrauch bieten eine wirtschaftliche und saubere Lösung, um den Anforderungen von Gesellschaft und Politik zu begegnen.
Zu erkennen sind Solaranlagen und Windkraftwerke auf einer Wiese.
© AdobeStock

Begriffserklärung: Grüne PPAs und Zeitgleichheit

Was sind grüne PPAs?

Ein Power Purchase Agreement (kurz: PPA) ist ein Stromliefervertrag, der zwischen einem Stromabnehmer und einem Stromerzeuger abgeschlossen wird. Je nach Art des PPAs handelt es sich bei dem Stromabnehmer um ein Energieversorgungsunternehmen (EVU) oder einen Endverbraucher. Im Sinne des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) fällt ein PPA unter die „sonstige Direktvermarktung“.

Von einem „grünen PPA“ spricht man, wenn es sich bei den Stromerzeugern um Anlagen handelt, die erneuerbare Energien zur Stromerzeugung nutzen, also Wind, Wasser, Sonne und Biogas. In der Praxis werden grüne PPAs nur mit Betreibern von Windkraft- und Solaranlagen geschlossen. An Tagen mit wenig Wind und Sonnenschein wird der restliche Strombedarf mit Strom aus dem Netz gedeckt.

Was bedeutet „Zeitgleichheit“?

In der Energiewirtschaft spricht man von Zeitgleichheit, wenn eine gleich große Menge an Strom zum selben Zeitpunkt verbraucht und erzeugt wird, also eine zeitliche Korrelation im selben Netz besteht. Bilanziell lässt sich dann zeigen, dass die verbrauchte Strommenge gleichzeitig an anderer Stelle erzeugt wurde. Registrierende Leistungsmesser (RLM-Zähler) messen dafür Verbrauch und Erzeugung in 15-Minuten-Intervallen.

Mithilfe des zeitlichen Abgleichs kann sichergestellt werden, dass genug erneuerbare Energie erzeugt wird, um den tatsächlichen Verbrauch zu jedem Zeitpunkt zu decken.

Was ist das Problem mit Grünstrom durch Herkunftsnachweise

In Deutschland kann bei der Erzeugung einer Megawattstunde grünen Stroms für ebendiese Menge ein Herkunftsnachweis im Herkunftsnachweisregister des Bundesumweltamtes ausgestellt, wenn der Strom aus der Anlage nicht bereits über eine EEG-Vergütung gefördert wird.

Diese Herkunftsnachweise können von Energieversorgern und Verbrauchern gekauft und für die gleiche, verbrauchte Menge an Strom eingelöst werden.

Leider ist dieser Prozess aus Sicht des Stromverbrauchers intransparent. Denn die Herkunftsnachweise werden unabhängig von der Strommenge, durch die sie erzeugt wurden, gehandelt - und das europaweit. So ist es denkbar, dass ein Unternehmen das ganze Jahr über Strom aus dem Netz bezieht, mit einem Anteil von 40 % – 50 % Graustrom.

Am Ende des Jahres kauft das Unternehmen für die Menge des nicht deklarierten Grünstroms Herkunftsnachweise von einem Wasserkraftwerk in Norwegen. Und voilà: Auf dem Papier hat das Unternehmen einen 100 % grünen Stromverbrauch.

Die Anwaltskanzlei Ritter Gent Collegen schreibt auf ihrem Blog dazu:

„(…) Das kann insbesondere Grünstrom, dessen Kennzeichnung über die preisgünstigen norwegischen HKNs erfolgt, nicht leisten. Dieser Grünstrom wird daher auch als "Schummelstrom" bezeichnet.“

Um diese Probleme zu adressieren, hat das Umweltbundesamt gekoppelte Herkunftsnachweise eingeführt. Hierbei werden die Herkunftsnachweise an die Strommengen gekoppelt, durch die sie erzeugt wurden. Ein Verbraucher kann diese Herkunftsnachweise dann nur erwerben, wenn er auch die dazugehörenden Strommengen eingekauft hat.

Gekoppelte Herkunftsnachweise sind inzwischen Pflicht für Unternehmen, die eine Strompreiskompensation erhalten. Eine zeitgleiche Bindung besteht hier aber nach wie vor nicht.

Warum gewinnt zeitgleicher Strombezug für Unternehmen an Bedeutung?

Der Nachweis des zeitgleichen Verbrauchs von Grünstrom vereint drei wichtige Vorteile:

1. Wirtschaftlichkeit

Durch das Wissen darüber, wann und wie viel Strom erzeugt wird, können Unternehmen ihren Stromverbrauch an die Erzeugung von Strom aus EE-Anlagen anpassen. Das sorgt zum einen dafür, dass sich Verbrauch und Erzeugung annähern, ein wichtiger Pflasterstein auf dem Weg der Energiewende. Zum anderen können Verbraucher so ihre Stromkosten sukzessive senken, da der Strom aus den Windkraft- und Solaranlagen günstiger ist als die Mengen, die aus dem Netz bezogen werden.

2. Transparenz

Im wachsenden Wettbewerb um ein nachhaltiges Image wird Transparenz über nachhaltige Projekte, und dabei auch eine CO₂-neutrale Stromversorgung immer wichtiger. Hier bietet der Nachweis über einen zeitgleichen Verbrauch von Strom aus erneuerbaren Energien einen Vorsprung gegenüber Wettbewerbern.

Denn damit können Unternehmen minutengenau nachweisen, dass zum Zeitpunkt ihres Stromverbrauches die gleiche Menge an Strom aus erneuerbaren Energien in das Netz gespeist wurde und sie diesen bilanziell verbraucht haben bzw. genau dafür gezahlt haben.

Ein Vorreiter beim Thema Zeitgleichheit ist zum Beispiel das US-amerikanische Unternehmen Google. Obwohl das Unternehmen bereits 2017 berichtete, dass es seinen Stromverbrauch zu 100 % aus Solar- und Windanlagen eingekauft hat, beschloss Google, sein CO₂-Reporting um den Nachweis über den zeitgleichen Stromverbrauch zu erweitern.

Das Resultat: statt 100 % CO₂-neutralem Strom im gesamten Jahr, konnten sie 60 % zeitgleichen Grünstromverbrauch berichten. Nun ist es ihr Ziel, wieder auf 100 % zu kommen, diesmal aber mit einem nachweisbaren und zeitgleichen Verbrauch von Strom aus EE-Anlagen.

3. Steigende ESG-Anforderungen

Unternehmen erfüllen damit bereits den höchsten Standard an Transparenz für Grünstrom. Erwartbare strengere Anforderungen etwa durch die ESG-Anforderungen sind damit bereits umgesetzt.

Welche Möglichkeiten für den Nachweis von zeitgleichem Verbrauch gibt es?

Verbraucher, die einen zeitgleichen Verbrauch ihres Grünstroms transparent nachweisen wollen, haben bei den klassischen Wegen der Energiebeschaffung ein Problem. Beziehen Sie ihren Strom über einen klassischen Energieversorger, so gibt es zwar eigens vom TÜV-zertifizierte Ökostrom-Tarife, die eine gleichzeitige Erzeugung aus EE-Anlagen garantieren, doch bleibt bei diesen für den Verbraucher intransparent, woher sein Strom zu welcher Zeit tatsächlich stammt.

Eine weitere Möglichkeit sind „granulare Herkunftsnachweise“. Dabei wird der Stromverbrauch auf einer eigenen Plattform viertelstündlich gemessen und gleichzeitig im Herkunftsnachweisregister eine passende Menge an Strom entwertet. Diese Option wird zurzeit aber nur im Rahmen von Pilotprojekten für E-Ladesäulen getestet.

Der einfachste Weg für Verbraucher, die den zeitgleichen Verbrauch von grünem Strom transparent nachweisen wollen, ist daher der Abschluss eines direkten Stromliefervertrages (PPAs) mit Betreibern von Wind- und Solaranlagen.

Vorteil grüne PPAs: Nachweis der Zeitgleichheit ist integriert

Denn grüne PPAs garantiert drei wichtige Vorteile:

  • Verbraucher beziehen Erzeugungsmengen direkt von den Betreibern von Wind- und Solaranlagen ohne Umwege über Zwischenhändler.

  • Bei einem optimal auf das Verbrauchsprofil zugeschnittenen Anlagenmix ist ein zeitgleicher Stromverbrauch von über 60 % möglich.

  • Mit dem richtigen Partner oder der richtigen Software sind die Daten über den zeitgleichen Verbrauch vorhanden, schnell und belegbar.

Für Unternehmen in Deutschland, die bereits heute einen Vorsprung im Bereich der CO₂-neutralen Stromversorgung haben möchten, sind solche PPAs die einfachste Möglichkeit, direkt, transparent und nachweisbar ihren Strombezug auf kostengünstige, grüne Energie umzustellen.

Quelle: node.energy GmbH