veröffentlicht am 15.02.2025 06:00
Lesedauer 4 Min.
dpa-Meldungen

Neuer Hafenchef in Mukran: Hafen profitiert von LNG-Terminal

Der Hafen Mukran stand zuletzt wegen des umstrittenen LNG-Terminals im Fokus. Nun gibt es einen neuen Hafenchef. Er verweist auf Vorteile des Terminals und setzt auf Energie als Standortfaktor.
Henry Forster ist der neue Geschäftsführer der Hafengesellschaft des Hafens Mukran.
© Bernd Wüstneck/dpa

Das Rügener Terminal für Flüssigerdgas (LNG) in Mukran ist umstritten. Zumindest der Hafen profitiert aus Sicht des frischgebackenen Hafenchefs aber. «Die Investitionen, die damit einhergegangen sind, tun dem Hafen natürlich über Jahre und Jahrzehnte gut», sagte Henry Forster der Deutschen Presse-Agentur in seinem ersten Interview als Geschäftsführer der Fährhafen Sassnitz GmbH. «Selbst, wenn es das LNG nicht mehr geben wird, werden wir von den Investitionen in die Kaikante, in die Infrastruktur, noch viele Jahre und Jahrzehnte danach profitieren.»

Die Deutsche Regas, die das Terminal betreibt, hat nach eigenen Angaben allein in den Anleger für die schwimmenden Terminals mehrere Millionen Euro gesteckt. «Das hätten wir in der Form ohne LNG sicherlich nicht gemacht.» Auch die Vertiefung der Zufahrt und von Teilen des Hafens war wegen des LNG-Terminals forcierte worden, auch wenn diese Arbeiten teilweise schon zuvor geplant waren.

Neuer Job für Hafenchef auch Rückkehr

Forster hat seinen neuen Posten Anfang des Jahres übernommen. Der 58-Jährige folgt auf den langjährigen Geschäftsführer Harm Sievers, der in den Ruhestand gegangen ist. Forster hat zuvor die Sondermülldeponie Ihlenberg bei Schönberg in Nordwestmecklenburg geleitet - eine der größten derartigen Deponien Europas. Dementsprechend wisse er auch mit möglichen Konflikten umzugehen. «Es ist auch nicht einfach neben einer Sondermülldeponie zu leben», erklärte Forster. «Dazu braucht es Transparenz und Vertrauen.»

Sein neuer Job ist für Forster auch eine Rückkehr. Er wurde in Sassnitz geboren. «Ich habe hier noch viele Freunde und Verwandtschaft. Ich hatte das Gefühl, dass ich jetzt nach 35 Jahren in der Welt irgendwie auch nach Hause kommen möchte.» Auch ein Haus habe er noch hier. Das Maritime ist ihm ebenfalls nicht fremd. Forster machte in Sassnitz eine Ausbildung als Schiffsmaschinist. «Ich war dann fünf Jahre auf See, überwiegend vor Südamerika oder Südafrika und bin dann Anfang 1990 in den Westen gegangen.» Nach Zwischenschritten sei er in der Entsorgungsbranche gelandet, habe unter anderem in Bremen und Baden-Württemberg gearbeitet.

Ehemals logistischer Brückenkopf in die Sowjetunion

Der Fährhafen Sassnitz-Mukran war eines der größten Verkehrsprojekte der DDR und wurde in den 1980er in Betrieb genommen inklusive Bahnhof. Von ihm aus pendelten Eisenbahnfähren in die Sowjetunion, vor allem um das politisch abtrünnige Polen zu umgehen. Dazu wurden in Mukran auch russische Breitspurgleise verlegt. 

Der Standort hat nach Unternehmensangaben eine Gesamtfläche von 430 Hektar, wobei ein Großteil demnach etwa auf den ehemaligen Bahnhof im Hinterland entfällt. «Ich habe ein sehr, sehr großes Gewerbegebiet, aber eigentlich relativ wenig Kaikante im Verhältnis zum Gewerbegebiet», sagte Forster. Hier gelte es, zu priorisieren bei Ansiedlungen.

LNG, Getreide und Offshore-Windparks

Insgesamt arbeiten am Standort laut Hafenbetreiber etwa 500 Menschen in verschiedenen Unternehmen. Bei mehr als 3.500 Schiffsanläufen betrug der Umschlag den Angaben zufolge 2024 mehr als 2,7 Millionen Tonnen. 2023 seien es rund 1,9 Millionen Tonnen gewesen. Der Hafen gehört zu 90 Prozent der Stadt Sassnitz und zu 10 Prozent dem Land Mecklenburg-Vorpommern.

Eine Anbindung an Russland etwa als Teil der sogenannten neuen Seidenstraße Richtung China hat durch Moskaus Angriff auf die Ukraine einen Dämpfer erhalten. Neben dem Betrieb des LNG-Terminals wird derzeit in Mukran etwa Getreide umgeschlagen, Offshore-Windparks werden von hieraus gewartet, ein Unternehmen baut und verschifft Betonteile für Tunnel in Norwegen. In der Vergangenheit erfolgte auch der Bau der deutsch-russischen Nord-Stream-Pipelines von Mukran aus.

Fährverbindung nach Schweden eingestellt

Forster weiß um die Probleme des Hafens. «Wirtschaftlich könnte es natürlich besser sein, das ist klar.» Im vergangenen Jahr hatte die Reederei FRS Baltic ihre Fährverbindung zwischen Mukran und Trelleborg in Schweden eingestellt. Aktuell besteht nur noch die Fährverbindung zur dänischen Insel Bornholm. «Der Fährbetrieb nach Schweden fehlt uns. Den würden wir gerne wieder aufleben lassen», sagte Forster. «Ich hoffe, dass wir da perspektivisch für 2026 was aufbauen.» Damit das auch im Wettbewerb mit den Häfen Rostock oder Travemünde wirtschaftlich funktioniere, müssten voraussichtlich Waren- und Passagierverkehr kombiniert werden.

Ein wichtiges Thema ist aus Sicht Forsters Energie. Wenn der Hafen dank ausreichender Energie etwa beim Thema Landstrom besser werde, könnte dies ein Wettbewerbsvorteil sein. Es gebe Interessenten, die vor Ort in Stromspeicher investieren wollten. «Da kann ich allerdings noch keine konkreten Namen nennen.» Dank solcher Speicher könnte etwa Strom aus dem Netz gezogen werden, wenn er billig sei.

Jüngst hatte der finnische Edelstahl-Hersteller Outokumpu angekündigt, in Mukran Biokohlenstoff für klimafreundlichere Edelstahl-Produktion herstellen zu wollen - in dem Werk, in dem einst die Röhren der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 mit Beton ummantelt wurden. Die Abwärme von der Produktion des Biokoks könnten laut Forster andere Firmen als Prozesswärme nutzen. Außerdem soll sie Wohnungen in Sassnitz mit günstiger Wärme versorgen. «Die Unternehmen schauen bei der Ansiedlung heutzutage mehr auf Synergieeffekte oder Energiekosten», ist der Hafenchef überzeugt. «Das ist heutzutage fast wichtiger für viele Firmen als der Quadratmeterpreis.»

© dpa-infocom, dpa:250215-930-376005/1