German-Pellets-Chef gesteht Insolvenzverschleppung
Nach fast zweijähriger Dauer neigt sich der Mammutprozess um die Insolvenz des Wismarer Holzverarbeiters German Pellets seinem Ende entgegen. Der angeklagte frühere Geschäftsführer räumte in der Verhandlung am Donnerstag vor dem Landgericht in Schwerin einen Teil der Vorwürfe ein. «Der Anklagepunkt der Insolvenzverschleppung ist zutreffend», ließ er in einer von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung mitteilen. Dass neue Anleger dadurch Geld verlieren, habe er billigend in Kauf genommen.
Dem Geständnis vorausgegangen war eine Einigung der Prozessbeteiligten auf eine Einschränkung der Anklagepunkte. Wie der Vorsitzende Richter mitteilte, wird statt März 2015 der 15. November 2015 als «Zeitpunkt des objektiven Eintritts der Insolvenz» angenommen. Damit verringert sich die Zahl der bei der Strafbemessung berücksichtigen Fälle erheblich. Nicht mehr verfolgt wird dem Vernehmen nach unter anderem auch der Vorwurf des Kreditbetrugs.
Angeklagter äußert Bedauern
Für die German Pellets GmbH war im Februar 2016 Insolvenzantrag gestellt worden. In der Erklärung machte der Angeklagte deutlich, dass er sich persönlich Anfang Dezember 2015 eingestanden habe, dass eine Insolvenz kaum noch abzuwenden sei. «Ich habe den Insolvenzantrag damit zwar nicht, wie mir vorgeworfen wird, etwa zehn Monate, sondern nur etwa sieben Wochen zu spät gestellt», hieß es wörtlich. Er bedauere diese Verspätung sehr, zumal Geschäftspartnern sowie Anlegern, die noch nach dem 1. Dezember 2015 Genussrechte erworben hätten, finanzielle Schäden entstanden seien.
Nach Ansicht der Anklagevertreter hatte das Unternehmen Anleger über die wahre finanzielle Lage getäuscht. Der etwa 400 Seiten umfassenden Anklageschrift zufolge waren dem aus Hessen stammenden ehemaligen Geschäftsführer unter anderem Insolvenzverschleppung, Betrug, Bankrott und Steuerhinterziehung vorgeworfen worden.
Hochgesteckte Expansionspläne scheiterten
Das Unternehmen mit Hauptsitz in Wismar galt zum Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit als Europas größter Hersteller von Holzpellets für Heizungen, mit ehrgeizigen Expansionsplänen bis in die USA. Doch hätten die Erlöse aus den laufenden Geschäften nicht mehr gereicht, um die Erweiterungen zu finanzieren, hieß es in der Erklärung. Auch für den Kauf eines Kohlekraftwerkes in Belgien, das auf den Betrieb mit Holzpellets umgerüstet und den eigenen Pellet-Absatz sichern sollte, hatte das Unternehmen den Angaben zufolge bis kurz vor der Insolvenz Anteilsscheine veräußert.
Bei einem vollumfänglichen Geständnis zu den noch verfolgten Vorwürfen wurde dem Angeklagten eine Gefängnisstrafe von maximal zwei Jahren in Aussicht gestellt, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Plädoyers wurden für den 1. April anberaumt. Das Urteil soll zehn Tage später gesprochen werden. Der Prozess um die Millionen-Pleite hatte im März 2023 begonnen. Seither hatte das Gericht an mehr als 50 Verhandlungstagen eine Vielzahl von Zeugen und auch Sachverständige gehört. Die bisherigen Verfahrenskosten bezifferte der Vorsitzende Richter mit 300.000 Euro.
Schaden in dreistelliger Millionen-Höhe
Durch die Pleite des Unternehmens erlitten Anleger Medienberichten zufolge Verluste, die weit über die von der Staatsanwaltschaft in der Anklage genannte Summe hinausgehen. Die Einlagen summierten sich nach früheren Informationen auf etwa 260 Millionen Euro. Die insgesamt etwa 17.000 Anleger gingen nach Angaben der Insolvenzverwalterin weitgehend leer aus. Viele waren selbst in Besitz einer Pelletheizung und durch Rabattangebote auf die mit acht Prozent verzinsten Genussrechte aufmerksam geworden, wie Zeugen berichteten.
Das Pelletwerk im Wismarer Holzhafen wird seit 2016 von einem neuen Eigner betrieben und beschäftigt etwa 60 Mitarbeiter. Dem Vernehmen nach brachten die Firmenverkäufe 45 Millionen Euro, 36 Millionen davon gingen an die Banken. Die Gesamtforderungen sollen sich auf 427 Millionen Euro summieren, hieß es. Nach Angaben des Angeklagten werden alle 14 Produktionsstätten, die einst zur Gruppe gehörten, bis heute betrieben und sind auch rentabel.