Jobmessen ohne Waffelstand – kann das überhaupt funktionieren?

Wer kam auf die Idee, eine digitale Karrieremesse zu starten? War das eine spontane Eingebung oder eher ein „Okay, die alten Methoden nerven uns alle, lasst uns was Neues machen“-Moment?
Paul: Zwei Dinge sind passiert. Zum Ersten ist die Energiewende endlich in der Mitte der Gesellschaft und Politik angekommen: Wir haben uns als Gesellschaft committed. Das hat natürlich auch viele Anfragen von unseren Mitgliedsunternehmen beim Bundesverband Windenergie bzw. beim Bundesverband Erneuerbare Energien nach sich gezogen: Könnt ihr nicht eine Messe aufbauen, die sich explizit um das Thema Erneuerbare Energien kümmert? Wir möchten einen Ort, an dem Jobsuchende zusammenkommen, die explizit Lust auf unsere Branche und die Energiewende haben.
Maria: Wir haben uns alle gefragt, warum wir weiterhin auf teure, aufwendige klassische Messe setzen sollen, wenn es doch einen effizienteren Weg gibt.
Außerdem sind die alten Formate für Jobsuchende eigentlich zu wenig aussagekräftig. Man trifft oft nur Recruiter*innen, aber entscheidend ist doch: Mit wem arbeite ich eigentlich zukünftig zusammen? Da sind doch die zukünftigen Kolleg*innen entscheidend, und die kriegen wir mit einem effizienten Online-Format doch viel leichter zusammen. So kann man Jobsuchenden ganz andere Einblicke geben – und, falls es matcht, ist von Anfang an mehr Interesse und Verbindlichkeit im Prozess drin.
Was war der ungewöhnlichste Einwand, den ihr von potenziellen Ausstellern vernommen habt?
Paul: Nicht wirklich ungewöhnlich – aber viele, die schon länger mit dabei sind im Recruiting, lieben natürlich das Gewusel und die Hektik einer Vor-Ort-Messe.
Und dann gab es während Corona Messen, bei denen Veranstalter, die wegen des Virus verhindert waren, angefangen haben, ihre Messen digital in 3D nachzubauen. Das hat natürlich nicht funktioniert, weil digitale Formate nie einfach nur eine Kopie des Vor-Ort-Formats sein dürfen. Deshalb wollten wir unsere Karrieremesse anders aufziehen und die Effizienz steigern.
Maria: Konkret gesagt: Ein wesentlicher Nachteil der Vor-Ort-Messen sind zum Beispiel die Reise- und Transportkosten. Die fallen dann digital natürlich weg. Und man kennt es aus dem Homeoffice: Eine digitale Teilnahme ist für beide Seiten, Recruiter*innen und Jobsuchende, mit weniger zeitlichem Aufwand verbunden. Das macht es noch effizienter.
Paul: Das hat uns zum Beispiel auch Toni Freude, Teamleiter Recruiting bei der UKA, so gespiegelt: Die digitale Messe ist ein tolles Format, um erste Chemie aufzubauen, vielversprechende Kandidaten zu selektieren, und dann einfach beschleunigt in den Bewerbungsprozess einzusteigen.
Mal ehrlich: Was bekommt man auf einer klassischen Messe für sein Geld – und was bekommt man bei euch?
Maria: Eine klassische Messe ist das Gala-Event unter den Recruiting-Formaten. Man kann zum Beispiel mit Waffelständen, Kugelschreibern und diese ganzen Gimmicks glänzen. Das Ganze kostet aber auch entsprechend, nicht nur die Mitbringsel, sondern auch die Reise- und physischen Standkosten. Für Jobsuchende ist der Aufwand mit Anreise etc. natürlich auch groß.
Unsere digitale Messe ist in dem Hinblick das erwachsenere Format: nicht so viel Bling-Bling, dafür effizienter.
Alle wählen sich am Tag der Veranstaltung ein, dann stellen sich die Unternehmen alle mit kurzen, inhaltlichen Sessions vor: Wer bin ich als Unternehmen, welche Stellen möchte ich besetzen, welche Voraussetzungen müssen Jobsuchende erfüllen, und wie kommt man vielleicht beim Thema Quereinstieg zusammen. Dann ermutigen wir die Firmen immer auch, sich Personen aus dem Fachbereich dazu zu holen, die die Stellen ausgeschrieben haben. Denn Menschen mögen sich für Firmen aufgrund netter Gimmicks entscheiden, sie bleiben aber wegen der Menschen. Und für dieses Kennenlernen bieten wir mit der digitalen Messe einfach die effizientere, kostengünstigere Infrastruktur. Die digitale Messe ist sozusagen die erwachsene Schwester der vor-Ort-Messe.

Sie möchten Ihr Unternehmen auf der nächsten digitalen Karrieremesse Erneuerbare Energien KEE präsentieren? Werden Sie Aussteller! Ausstehende Termine 2025: 2. – 3. April, Messe Nord | 25. – 26. Juni, Messe Ost | 10. – 11. September, Messe Süd/West.
Alle Informationen unter: ee-hub.de/kee_aussteller
Paul, du bist von Anfang an dabei. Hast du eine Lieblingsanekdote aus den bisherigen 5 Messen?
Paul: Definitiv. Bei unserer Messe ist es so, dass ich und Maria das Programm anmoderieren, bevor es in die Unternehmens-Sessions geht. Bei der letzten Messe hatten wir die Idee, die Teilnehmer aufzufordern, sich mal kurz im Chat vorzustellen.
Ehrlich gesagt dachten wir, da kommen jetzt solche Vorstellungen wie „Hallo zusammen, ich bin Paul aus Berlin und freue mich auf die Messe“. Aber stattdessen hat sich quasi ein Wasserfall an Vorstellungen im Chat ergeben, wo die Jobsuchenden sich ganz konkret mit ihrer Erfahrung und Ausbildung vorgestellt haben, und die Unternehmen dann auch direkt reagiert und in ihre jeweiligen Sessions eingeladen haben. Das war so ein Wow-Moment, weil wir einfach gesehen haben, vom Hintergrund der Teilnehmer und ihrer Motivation, das passt einfach. Da haben wir uns echt gefreut.
Maria, du bist als Moderatorin neu dabei. Hast du einen Notfall-Witz für den Fall, dass mal Funkstille herrscht oder die Technik streikt?
Maria: Gute Frage! Ich glaube, mein Notfall-Witz wäre irgendwas Windiges passend zum Thema. Vielleicht sowas wie: „Was sagt ein Windrad zum anderen?“ – „Bloß nicht durchdrehen!“
Okay, okay, ich gebe zu, das ist nicht mein bester Witz, da muss ich vielleicht noch einmal ran. Aber ehrlich gesagt, brauche ich mir da keine großen Sorgen machen. Unser In-House-Technik-Team sorgt dafür, dass alles reibungslos läuft und bisher gab es noch keinen echten „Technik-Streik“. Aber für den unwahrscheinlichen Fall der Fälle, wissen wir in der Branche ja, dass man auch bei Widrigkeiten etwas richtig Gutes auf die Beine stellen kann.
Hast du schon mitbekommen, wie Aussteller es auf Zoom schaffen, Nähe zu den Teilnehmenden herstellen können?
Maria: Ja, das habe ich mich anfangs auch gefragt: Sind Online-Messen nicht unpersönlich? Aber ich war überrascht, wie nahbar sich die Unternehmen in den Zoom-Sessions zeigen. Viele bringen nicht nur Recruiter*innen mit, sondern auch Kolleg*innen aus verschiedenen Teams, die aus erster Hand vom Arbeitsalltag berichten.
Darüber hinaus nutzen einige Firmen ihre Sessions besonders kreativ: Sie zeigen Bilder von Firmenevents, geben authentische Einblicke ins Team und beantworten direkt alle aufkommenden Fragen. Die Atmosphäre ist dabei immer super offen, egal ob in der großen Runde oder in den persönlichen Eins-zu-eins-Meetings. Letztere sorgen, wie der Name ja schon sagt, für einen noch persönlicheren Austausch. Also ja, ich habe definitiv gemerkt, dass Nähe auch online super funktioniert.
Wie läuft das mit den Ausstellern – was müssen sie vorbereiten?
Paul: Wir wissen natürlich auch, dass viele Recruiter*innen ihren Erfahrungsschatz vor allem aus den klassischen Vor-Ort-Formaten schöpfen. Um sicherzugehen, dass sich die Recruiterinnen und Recruiter optimal auf die Messe vorbereiten, nehmen wir sie vom Tag der Buchung bis zur Durchführung an die Hand: Jedes Unternehmen bekommt ein individuelles Onboarding, bei dem wir die Messevorbereitung durchgehen und Tipps zur Gestaltung der Unternehmenssessions geben. Vor der Messe gibt es noch ein technisches Onboarding.
Und mit Mehrfachbuchern bereiten wir die Messe nach. Wir sehen tatsächlich, dass bei Unternehmen, die Lust auf das Format haben, ein krasser Lerneffekt einsetzt, der sich dann von Messe zu Messe in einem optimierten Auftritt niederschlägt.
Wenn ihr ein Feature für eure Messe entwickeln könntet – egal, wie verrückt – was wäre es?
Paul: Das Interesse an den Erneuerbaren ist groß. Viele Jobsuchenden wissen aber nicht, ob sie mit ihrer bisherigen Erfahrung in die Branche passen, und zu welchem Unternehmen. Ein intelligenter Matching-Algorithmus – das wäre toll. Bis wir den haben, setzen wir als Bundesverband darauf, Jobprofile in den Erneuerbaren vorzustellen. Daran arbeiten wir gerade im Hintergrund intensiv. Denn ohne Quereinsteiger werden wir die Energiewende nicht gewuppt kriegen.
Maria: Ich musste spontan an eine Art „Energiewende-Chat-Roulette“ denken. Ein paar Minuten Zeit, ein zufälliges Match – und schon sitzt man mit einem anderen Messeteilnehmenden im kurzen Gespräch. Und alle machen mit: die Zuschauer*innen, die Unternehmen und selbstverständlich auch Paul und ich! Das wäre nicht nur eine sehr lockere Möglichkeit ins Gespräch zu kommen, sondern auch ein echtes Networking-Highlight. Man wüsste nie, wen man als Nächstes trifft – vielleicht den zukünftigen Arbeitgeber, einen neuen Kollegen oder einfach jemanden, mit dem man sich super über die Branche austauschen kann.