veröffentlicht am 01.04.2025 12:51
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German-Pellets-Prozess vor Ende - Bewährungsstrafe absehbar

Die Insolvenz des Holzverarbeiters German Pellets brachte Tausende Anleger um ihr Geld. Über zwei Jahre zog sich die strafrechtliche Aufarbeitung hin. Nun ist ein Urteil absehbar.
Ein langwieriger Betrugsprozess um die Insolvenz des Wismarer Holzverarbeiters German Pellets neigt sich dem Ende entgegen. Der angeklagte Geschäftsführer zeigte sich - in Teilen - geständig. Ins Gefängnis muss er voraussichtlich nicht.
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Nach gut zwei Jahren und mehr als 40 Verhandlungstagen steht der Mammutprozess um die Insolvenz und den Anlagenbetrug des Wismarer Holzverarbeiters German Pellets GmbH vor seinem Ende. Dabei zeichnet sich für den angeklagten früheren Geschäftsführer eine Bewährungsstrafe wegen Insolvenzverschleppung und mehrfachen Betrugs ab. Für die German Pellets GmbH, nach eigenen Angaben einst Weltmarktführer bei Herstellung und Vertrieb von Holzpellets für Heizungen, war im Februar 2016 nach gescheiterten Expansionsplänen Insolvenzantrag gestellt worden

In ihren Plädoyers vor dem Landgericht in Schwerin verwiesen sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung auf die zu Jahresbeginn erfolgte Verständigung aller Prozessbeteiligten. Für ein Geständnis war dem heute 68-Jährigen eine Haftstrafe zwischen einem Jahr und neun Monaten und zwei Jahren in Aussicht gestellt worden, ausgesetzt zur Bewährung. 

Verteidigung: 97 Prozent der ursprünglichen Vorwürfe weg

Die Anklagevertretung sprach sich für zwei Jahre aus. Sie sieht es als erwiesen an, dass Anleger und Geschäftspartner bewusst über die wahre finanzielle Lage von German Pellets getäuscht wurden. Die Verteidigung verzichtete auf einen konkreten Antrag, appellierte jedoch an das Gericht, die lange Verfahrensdauer und die damit verbundenen psychischen Belastungen zu berücksichtigen. Zudem habe sich der Angeklagte nicht persönlich bereichern, sondern die Stellung seiner Unternehmensgruppe, die 2015 einen Gesamtumsatz von 750 Millionen Euro verzeichnet habe, in einem zukunftsträchtigen Wachstumsmarkt festigen wollen. «Alle 14 Produktionsstätten arbeiten bis heute mit Gewinn», sagte der Anwalt. 

Im Rahmen der Verständigung hatte sich die Staatsanwaltschaft bereiterklärt, als «Zeitpunkt des objektiven Eintritts der Insolvenz» den 15. November 2015 statt, wie in der Anklageschrift vermerkt, März 2015 anzunehmen. Damit fielen laut Verteidigung 97 Prozent der ursprünglichen Vorwürfe weg. Im Gegenzug hatte der aus Hessen stammende Angeklagte die Insolvenzverschleppung zugegeben und dass er damit billigend in Kauf genommen habe, dass neue Anleger Geld verlieren. 

Da nur noch Geldanlagen zwischen November 2015 und Februar 2016 als strafrechtlich relevant bewertet würden und auch andere Vorwürfe fallengelassen worden seien, verringere sich die Schadenssumme von ursprünglich 77,3 Millionen auf 2,5 Millionen Euro, hieß von der Verteidigung. 

Teurer Expansionskurs 

Mit der Ausgabe hoch verzinster sogenannter Genussscheine hatte der Angeklagte versucht, den Expansionskurs der in Europa und in den USA tätigen Unternehmensgruppe zu finanzieren. Die Erlöse aus den laufenden Geschäften hätten nicht mehr gereicht, um die Erweiterungen zu möglich zu machen, hatte der Firmenchef als Erklärung genannt. Auch für den Kauf eines Kohlekraftwerkes in Belgien, das auf den Betrieb mit Holzpellets umgerüstet werden und den eigenen Pellet-Absatz sichern sollte, hatte das Unternehmen den Angaben zufolge bis kurz vor der Insolvenz Anteilsscheine veräußert. 

Der Prozess um die Millionen-Pleite hatte im März 2023 begonnen. Das Gericht bestellte mehrere Gutachter und hörte eine Vielzahl von Zeugen. Darunter waren neben ehemaligen Mitarbeitern und Geschäftspartnern auch Kleinanleger, die mit der Investition bei German Pellets nach eigenen Angaben auch etwas für ihre Altersvorsorge tun wollten. 

Gesamtschaden in dreistelliger Millionen-Höhe

Durch die Pleite des Unternehmens erlitten Anleger Medienberichten zufolge Verluste, die weit über die von der Staatsanwaltschaft in der Anklage zunächst genannte Summe hinausgehen. Die Einlagen summierten sich nach früheren Informationen auf insgesamt etwa 260 Millionen Euro. Die Anleger gingen nach Angaben der Insolvenzverwalterin weitgehend leer aus. Viele waren selbst in Besitz einer Pelletheizung und durch Rabattangebote auf die mit acht Prozent verzinsten Genussrechte aufmerksam geworden, wie Zeugen berichteten. 

Das Pelletwerk im Wismarer Holzhafen wird seit 2016 von einem neuen Eigner betrieben und beschäftigt etwa 60 Mitarbeiter. Dem Vernehmen nach brachten die Firmenverkäufe 45 Millionen Euro, 36 Millionen davon gingen an die Banken. Die Gesamtforderungen sollen sich auf 427 Millionen Euro summieren, hieß es.

In seinen Schlussworten bezeichnete der frühere Geschäftsführer German Pellets als sein Lebenswerk, dessen Verlust ihn sehr schmerze, wie auch die gesellschaftliche Ächtung, die er im Zuge der Ermittlungen gegen ihn erfahren habe. Trost ziehe er aus der Tatsache, dass alle Werke bis heute produzieren und den Mitarbeitern Lohn und Brot gäben.

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